Der Sächsische Prinzenraub zu Altenburg
Eine der spektakulärsten Personenentführungen mitteldeutscher und gar deutscher Geschichte nahm im 15. Jh. im Altenburger Schloss seinen Anfang.
In der Nacht vom 7. zum 8. Juli 1455 entführte ein Ritter namens Kunz von Kauffungen die Söhne des sächsischen Kürfürsten Friedrich des Sanftmütigen (1428-1464), Ernst und Albrecht, aus ihren Gemächern im Altenburger Schloss.
Kunz von Kauffungen wollte durch die Kindesentführung eine Entschädigung für seine verloren gegangenen Ländereien erzwingen. Der Konflikt zwischen dem Kurfürst und Kunz geht auf den Sächsischen Bruderkrieg (1446-1449) zurück. Angeblich auf Bitten Friedrichs beteiligte sich Kunz an dem Krieg, er wurde alsbald gefangen genommen und musste ein Lösegeld von 4000 Gulden für seine Freilassung zahlen. Nach Beendigung des Krieges forderte Kunz eine Entschädigung vom Kurfürsten. Diese beinhaltete eine Wiedergutmachung für das Lösegeld sowie für die Zerstörung seiner Güter in Thüringen und die Enteignung seines Rittergutes in Schweikershain (heute Landkreis Mittelsachsen).
Auf gerichtlichem Weg war keine Entscheidung im Sinne Kunz' zu erreichen, daher reifte der Plan, sein vermeintliches Recht auf eigene Faust durchzusetzen. Er bediente sich dazu des sogenannten Fehderechts. Zusammen mit den Rittern Wilhelm von Mosen und Wilhelm von Schönfels formierte er einen Trupp aus 30 Reitern. In der Nacht zum 8. Juli marschierte der Tross zur kurfürstlichen Burg in Altenburg. Tags vorher wurden Fehdebriefe verfasst und dem Hofe übersandt. Als ehemaligem Burgvogt in der Altenburger Burg kamen von Kauffungen seine Ortskenntnisse zugute. Der weitere Umstand, dass der Kurfürst gerade mit seinem Hofstaat auf einer Hochzeitsfeier weilte, vollendete die Idee. Nach vollbrachter Tat trennten sich die Entführer.
Der Plan beinhaltete, die Prinzen nach Böhmen zu verschleppen, da Kunz die politische Lage zwischen Sachsen und Böhmen nutzen wollte, um somit den Faustpfand zu verstärken. Wilhelm von Mosen und Wilhelm von Schönfels wollten mit dem Prinzen Ernst über das Vogtland böhmischen Boden erreichen, während von Kauffungen mit Albrecht versuchte, über Stollberg zu seinen im Böhmischen gelegenen Gütern zu gelangen. Albrecht gelang jedoch die Flucht. Die herbeigerufenen Männer überwältigten Kunz. Ernst hingegen wurde in einer Höhle in der Nähe von Hartenstein im Erzgebirge gefangen gehalten. Nach der Nachricht von der Festnahme Kunz von Kauffungens übergaben Mosen und Schönfels den Prinzen an Friedrich von Schönburg mit der Forderung eines freien Abzugs. Die Schmach war zuviel: Alsbald wird Kauffungen auf dem Marktplatz von Freiberg hingerichtet. Weitere Mittäter ereilt das gleiche Schicksal.
Diesem Ereignis ist im Schloss- und Spielkartenmuseum eine Ausstellung gewidmet. Sie führt die Besucher in die geschichtlichen und politischen Zusammenhänge ein und veranschaulicht die Hintergründe der Tat. So ist eine der zwei Garleitern (Strickleiter) zu sehen, des Weiteren ein Reitschwert, dass vermutlich Kunz von Kauffungen gehört hatte. Durch weitere authentische Exponate wird der Besucher in die Zeit und das Rechtswesen des 15. Jh. eingeführt. Ein weiterer Teil der Ausstellung zeigt einen Querschnitt durch alle Genre, die den Prinzenraub behandeln. Bildliche Darstellungen stehen dabei im Vordergrund. Diese reichen bis in die Moderne.
Kurz nachdem die Prinzen wieder in der Obhut des Hofes waren, ging eine Welle von Sagen, Legenden und abenteuerlichen Erzählungen übers Land. Der Prinzenraubstoff aus Altenburg wurde bis in die Gegenwart zu einem der populärsten Einzelthemen der sächsisch-thüringischen Landesgeschichte.